Vertretung von Berufsträgern in anwaltsgerichtlichen Ermittlungsverfahren: Worauf es ankommt

8.6.2025

Anwaltsgerichtliche Ermittlungsverfahren sind für betroffene Berufsträger – Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte – eine besondere Belastung. Ein Ermittlungsverfahren gegen einen Anwalt wird oft durch eine Anzeige ausgelöst, die von Mandanten, Kollegen, Gerichten, Behörden oder sonstigen Dritten bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer oder direkt beim Anwaltsgericht eingeht. Doch worauf kommt es bei der Vertretung im anwaltsgerichtlichen Ermittlungsverfahren an?

Was ist ein anwaltsgerichtliches Ermittlungsverfahren?

Das anwaltsgerichtliche Ermittlungsverfahren ist ein besonderes Verfahren, das der Aufklärung von Berufspflichtverstößen durch Rechtsanwälte dient. Es wird durch die Anwaltskammer eingeleitet, wenn der Verdacht besteht, dass ein Anwalt gegen seine Berufspflichten verstoßen hat (§ 114 ff. BRAO). Ziel ist es, zu klären, ob ein anwaltsgerichtliches Hauptverfahren eröffnet werden muss.

Typischer Fall: Vorwurf eines Verstoßes gegen §§ 43, 43a Abs. 3 BRAO

Ein klassischer Ausgangspunkt für ein Ermittlungsverfahren ist der Verdacht, ein Anwalt habe gegen das geltende Berufsrecht verstoßen – insbesondere gegen die allgemeinen Berufspflichten nach § 43 BRAO und das Sachlichkeitsgebot gemäß § 43a Abs. 3 BRAO.

§ 43 BRAO verpflichtet den Rechtsanwalt, seinen Beruf gewissenhaft auszuüben und sich sowohl innerhalb als auch außerhalb des Berufs so zu verhalten, dass er der Achtung und dem Vertrauen, die die Stellung des Rechtsanwalts erfordert, würdig bleibt. Zu den Grundpflichten zählt gemäß § 43a Abs. 3 BRAO, dass sich der Rechtsanwalt bei seiner Berufsausübung nicht unsachlich verhalten darf. Unsachlichkeit liegt insbesondere dann vor, wenn bewusst Unwahrheiten verbreitet werden oder herabsetzende Äußerungen getätigt werden, für die andere Beteiligte oder der Verfahrensverlauf keinen Anlass gegeben haben.

Bei der Auslegung des Sachlichkeitsgebots ist zu berücksichtigen, dass die Anforderungen an die Sachlichkeit nicht zu streng gefasst werden dürfen. Die Regelung geht nicht über das hinaus, was für die Sicherung der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege erforderlich ist. In der Praxis ist anerkannt, dass strafbare Beleidigungen sowie die bewusste Verbreitung von Unwahrheiten oder unbegründete herabsetzende Äußerungen das Sachlichkeitsgebot verletzen. Gleichzeitig ist zu beachten, dass das Berufsrecht nicht jedes unsachliche Verhalten sanktioniert, auch wenn das Verhalten eines Anwalts als ungehörig, geschmacklos oder als Verstoß gegen den guten Ton betrachtet wird.

Berichtspflichten in Sozietäten

Als Nebenfolge jenseits des eigentlichen berufsrechtlichen Verfahrens treten insbesondere in Partnerschaften und vor allem in internationalen Großkanzleien besondere Berichtspflichten innerhalb der Geschäftsführung auf. In solchen Strukturen besteht oftmals die Verpflichtung, laufende berufsrechtliche Verfahren gegenüber der Kanzleileitung anzuzeigen und über den Gang des Verfahrens regelmäßig zu berichten. Dies dient nicht nur der Risikobewertung und dem Schutz der Reputation der Sozietät, sondern ist häufig auch in internen Richtlinien oder Partnerschaftsverträgen geregelt.

Verteidigungsstrategie und Einstellungsmöglichkeiten

Gerade im Ermittlungsverfahren ist eine frühzeitige und aktive Verteidigung entscheidend. Ziel ist es, die möglichst frühzeitig Einstellung des Verfahrens zu erreichen und damit die Verhinderung einer Hauptverhandlung. Nach § 116 BRAO iVm den strafprozessualen Einstellungsvorschriften ist das Ermittlungsverfahren einzustellen, wenn sich der Verdacht eines berufsrechtlichen Vergehens nicht bestätigt oder die Schuld gering ist.

Portrait-Foto von Dr. Tony Rostalski, Fachanwalt für Strafrecht und Zertifizierter Datenschutzbeauftragter. Hinter ihm ist der Flur eines modernen Büros in Unschärfe zu sehen.
Dr. Tony Rostalski
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Die Vertretung von Berufsträgern in anwaltsgerichtlichen Ermittlungsverfahren verlangt Fingerspitzengefühl, Kenntnis des Berufsrechts und eine frühzeitige, engagierte Verteidigung. Die Möglichkeit der Einstellung nach § 116 BRAO oder § 170 Abs. 2 StPO ist dabei ein zentrales Verteidigungsziel.

ROSTALSKI ist eine unabhängige Kanzlei mit Spezialisierung auf die Gebiete des Wirtschaftsstrafrechts, Steuerstrafrechts und der Corporate-Compliance. Zu unseren Mandanten zählen Privatpersonen, Führungskräfte und Unternehmen ebenso wie öffentliche Auftraggeber. Die Kanzlei wird u.a. in den Rankings der WirtschaftsWoche, des Handelsblatts und von FOCUS Business als TOP-Adresse ausgezeichnet.

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